Waldseer Amtsgericht in „Ukraine–Farben“ weckt Gefühle – nicht nur positive

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Amtsgericht Bad Waldsee Gerüst blau-gelb Firma Wahner

Das Gerüstbau–Unternehmen verhüllte das Gebäude in Blau–Gelb und muss das nun ändern. Dabei handelt es sich um die Firmenfarben. Und die Änderungen werden richtig teuer.

Das hat es in der 170–jährigen Geschichte des Gerüstbau–Unternehmens Wahner aus Unterfranken noch nicht gegeben: Weil die Firmenfarben Blau–Gelb, die auf der verhüllten Großbaustelle am Waldseer Amtsgericht zu sehen sind, an die Ukraine erinnern und damit offenbar die Emotionen einiger Bürger berührten, müssen die Staubnetze voraussichtlich ausgetauscht werden.

So jedenfalls habe es das Amt Vermögen und Bau in Ravensburg vorgeschlagen und dem werde man gegen eine Kostenerstattung auch nachkommen, so Geschäftsführer Thorsten Wahner auf SZ–Anfrage dazu.

Dass die großangelegte Sanierung des Amtsgerichtes derart für Schlagzeilen sorgen würde, hätten sich weder die Eugen Wahner GmbH aus Sulzfeld am Main vorstellen können, die bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für den Gerüstbau erhalten hatte, noch das zuständige Amt Vermögen und Bau Baden–Württemberg in Ravensburg.

Wie Thomas Pehle, Leiter der Abteilung 6 Hochbau II, auf SZ–Anfrage ausführte, soll es im Verlauf der zweiwöchigen „Verhüllungsarbeiten“ an der Wurzacher Straße Anrufe gegeben haben, die hier ein Bekenntnis „Pro Ukraine“ (und damit „Contra Russland“) erkannt haben wollen und darauf hingewiesen hätten, dass die Justiz doch neutral bleiben müsse.

Es sind Firmen–Farben und keine „Politik–Farben“

„Weil diese Landesimmobilie ein Gericht beherbergt, werden wir auf das Gerüstbau–Unternehmen zugehen und im Gespräch klären, ob wir hier etwaigen Zündstoff herausnehmen können, indem die Fassade nachträglich vielleicht in neutralen Farben abgenetzt werden könnte“, so Pehle im Ausblick dazu.

Einen Fauxpas könne die Behörde zwar nicht erkennen, weil es sich bei diesem speziellen Komplementärkontrast um traditionelle Firmen–Farben und nicht um „Politik–Farben“ handle. Pehle: „Aber wir möchten keine Auseinandersetzungen rund um diese Großbaustelle provozieren und haben uns deshalb zu einer Nachbesserung entschieden, sofern dies der vorgesehene Kostenrahmen für die Sanierung zulässt.“

Und eben diese Kosten für den geforderten Austausch der farbigen Netze sind der Knackpunkt an dieser kurios anmutenden Geschichte. „Wir sind 240 Kilometer von Bad Waldsee entfernt, zwei Mitarbeiter fahren drei Stunden an die Baustelle und müssen an der großen Fassade die einen Netze ab– und die anderen aufhängen — da kommt schnell ein vierstelliger Betrag zusammen, den wir für diese Arbeiten auch in Rechnung stellen müssen“, rechnet Juniorchef Wahner der SZ vor. Für die gesamten Gerüststellarbeiten inklusive Abnetzung, wie dies im Fachjargon heißt, habe man einen fünfstelligen Betrag berechnet gehabt, der bereits knapp kalkuliert gewesen sei.

Die farbigen Staubnetze hängen senkrecht und nicht waagrecht

Aber besitzt das fränkische Unternehmen überhaupt Netze in neutralen Farben, nachdem die Firma sich öffentlich und in ihrem flott gemachten Internetauftritt ausschließlich blau–gelb präsentiert? „Nein“, lacht Wahner. „Aber die Idee ist, dass das Amtsgericht in Bad Waldsee dann entweder nur blau oder nur gelb abgenetzt wird — so oder so muss dann aber jede zweite Bahn abgenommen und durch eine andere ersetzt werden“, zeigt er den zeitlichen Aufwand auf, der der 1853 gegründeten Firma damit nun wohl ins Haus stehen wird. Die Gerüste selbst — natürlich ebenfalls in blau–gelb gehalten — können wohl stehen bleiben, weil sie hinter den Netzen nicht zu sehen seien.

Im 70 Mitarbeiter starken Unternehmen habe dieser „Ukraine–Vorfall“ auf der schwäbischen Baustelle für ungläubiges Staunen und Kopfschütteln gesorgt. Etwas Vergleichbares sei bislang noch nicht vorgekommen — auch nicht seit Beginn des Krieges in der Ukraine. „Eher das Gegenteil war am Anfang der Fall: Wir haben zu dieser Zeit bei uns hier in der Gegend zwei Kirchengebäude für Großbaustellen abgenetzt und in beiden Fällen waren die Pfarrer eher sogar erfreut darüber, dass sie mit Blau–Gelb vielleicht sogar ein Friedenssymbol setzen können für ein schnelles Ende dieses Krieges“, erinnert sich Wahner zurück.

Egal wie diese Geschichte in der Kurstadt für Wahner nun ausgehen wird: „Wir bleiben bei Blau–Gelb — wir waren schließlich zuerst da. Im Übrigen hängen unsere Farben senkrecht auf den Baustellen und auf der ukrainischen Flagge sind sie waagrecht angeordnet“, so Wahner. Wo er recht hat, hat er recht.

Woher die kritischen Anrufe zur Waldseer „Gerichtsbeflaggung“ kamen, war für die SZ übrigens bis dato nicht zweifelsfrei in Erfahrung zu bringen.

Bildunterschrift: An der blau-gelben Baustellen-Verhüllung des Waldseer Amtsgerichtes haben sich Bürger gestört und deshalb soll das Gerüstbauunternehmen die sanierungswürdigen Fassaden dieses Gebäudes nachträglich nun „neutraler abnetzen“ – voraussichtlich also nur in Blau oder nur in Gelb.
Bild und Text: Sabine Ziegler
Waldseer Amtsgericht in „Ukraine–Farben“ weckt Gefühle – nicht nur positive (schwaebische.de)

Amtsgericht Bad Waldsee Gerüst blau-gelb Firma Wahner

Das Gerüstbau–Unternehmen verhüllte das Gebäude in Blau–Gelb und muss das nun ändern. Dabei handelt es sich um die Firmenfarben. Und die Änderungen werden richtig teuer.

Das hat es in der 170–jährigen Geschichte des Gerüstbau–Unternehmens Wahner aus Unterfranken noch nicht gegeben: Weil die Firmenfarben Blau–Gelb, die auf der verhüllten Großbaustelle am Waldseer Amtsgericht zu sehen sind, an die Ukraine erinnern und damit offenbar die Emotionen einiger Bürger berührten, müssen die Staubnetze voraussichtlich ausgetauscht werden.

So jedenfalls habe es das Amt Vermögen und Bau in Ravensburg vorgeschlagen und dem werde man gegen eine Kostenerstattung auch nachkommen, so Geschäftsführer Thorsten Wahner auf SZ–Anfrage dazu.

Dass die großangelegte Sanierung des Amtsgerichtes derart für Schlagzeilen sorgen würde, hätten sich weder die Eugen Wahner GmbH aus Sulzfeld am Main vorstellen können, die bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für den Gerüstbau erhalten hatte, noch das zuständige Amt Vermögen und Bau Baden–Württemberg in Ravensburg.

Wie Thomas Pehle, Leiter der Abteilung 6 Hochbau II, auf SZ–Anfrage ausführte, soll es im Verlauf der zweiwöchigen „Verhüllungsarbeiten“ an der Wurzacher Straße Anrufe gegeben haben, die hier ein Bekenntnis „Pro Ukraine“ (und damit „Contra Russland“) erkannt haben wollen und darauf hingewiesen hätten, dass die Justiz doch neutral bleiben müsse.

Es sind Firmen–Farben und keine „Politik–Farben“

„Weil diese Landesimmobilie ein Gericht beherbergt, werden wir auf das Gerüstbau–Unternehmen zugehen und im Gespräch klären, ob wir hier etwaigen Zündstoff herausnehmen können, indem die Fassade nachträglich vielleicht in neutralen Farben abgenetzt werden könnte“, so Pehle im Ausblick dazu.

Einen Fauxpas könne die Behörde zwar nicht erkennen, weil es sich bei diesem speziellen Komplementärkontrast um traditionelle Firmen–Farben und nicht um „Politik–Farben“ handle. Pehle: „Aber wir möchten keine Auseinandersetzungen rund um diese Großbaustelle provozieren und haben uns deshalb zu einer Nachbesserung entschieden, sofern dies der vorgesehene Kostenrahmen für die Sanierung zulässt.“

Und eben diese Kosten für den geforderten Austausch der farbigen Netze sind der Knackpunkt an dieser kurios anmutenden Geschichte. „Wir sind 240 Kilometer von Bad Waldsee entfernt, zwei Mitarbeiter fahren drei Stunden an die Baustelle und müssen an der großen Fassade die einen Netze ab– und die anderen aufhängen — da kommt schnell ein vierstelliger Betrag zusammen, den wir für diese Arbeiten auch in Rechnung stellen müssen“, rechnet Juniorchef Wahner der SZ vor. Für die gesamten Gerüststellarbeiten inklusive Abnetzung, wie dies im Fachjargon heißt, habe man einen fünfstelligen Betrag berechnet gehabt, der bereits knapp kalkuliert gewesen sei.

Die farbigen Staubnetze hängen senkrecht und nicht waagrecht

Aber besitzt das fränkische Unternehmen überhaupt Netze in neutralen Farben, nachdem die Firma sich öffentlich und in ihrem flott gemachten Internetauftritt ausschließlich blau–gelb präsentiert? „Nein“, lacht Wahner. „Aber die Idee ist, dass das Amtsgericht in Bad Waldsee dann entweder nur blau oder nur gelb abgenetzt wird — so oder so muss dann aber jede zweite Bahn abgenommen und durch eine andere ersetzt werden“, zeigt er den zeitlichen Aufwand auf, der der 1853 gegründeten Firma damit nun wohl ins Haus stehen wird. Die Gerüste selbst — natürlich ebenfalls in blau–gelb gehalten — können wohl stehen bleiben, weil sie hinter den Netzen nicht zu sehen seien.

Im 70 Mitarbeiter starken Unternehmen habe dieser „Ukraine–Vorfall“ auf der schwäbischen Baustelle für ungläubiges Staunen und Kopfschütteln gesorgt. Etwas Vergleichbares sei bislang noch nicht vorgekommen — auch nicht seit Beginn des Krieges in der Ukraine. „Eher das Gegenteil war am Anfang der Fall: Wir haben zu dieser Zeit bei uns hier in der Gegend zwei Kirchengebäude für Großbaustellen abgenetzt und in beiden Fällen waren die Pfarrer eher sogar erfreut darüber, dass sie mit Blau–Gelb vielleicht sogar ein Friedenssymbol setzen können für ein schnelles Ende dieses Krieges“, erinnert sich Wahner zurück.

Egal wie diese Geschichte in der Kurstadt für Wahner nun ausgehen wird: „Wir bleiben bei Blau–Gelb — wir waren schließlich zuerst da. Im Übrigen hängen unsere Farben senkrecht auf den Baustellen und auf der ukrainischen Flagge sind sie waagrecht angeordnet“, so Wahner. Wo er recht hat, hat er recht.

Woher die kritischen Anrufe zur Waldseer „Gerichtsbeflaggung“ kamen, war für die SZ übrigens bis dato nicht zweifelsfrei in Erfahrung zu bringen.

Bildunterschrift: An der blau-gelben Baustellen-Verhüllung des Waldseer Amtsgerichtes haben sich Bürger gestört und deshalb soll das Gerüstbauunternehmen die sanierungswürdigen Fassaden dieses Gebäudes nachträglich nun „neutraler abnetzen“ – voraussichtlich also nur in Blau oder nur in Gelb.
Bild und Text: Sabine Ziegler
Waldseer Amtsgericht in „Ukraine–Farben“ weckt Gefühle – nicht nur positive (schwaebische.de)

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